Wednesday, July 27, 2016

Mein Tag als investigativer Shiatsu-Journalist



von David J. Putnam 


Mein Tag fängt früh an, vor Sonnenaufgang. Ein portugiesischer Geschäftsmann, der  früher bei mir Deutschunterricht nahm, hat mir das Buch von Laura Vanderkam ("What successful People do Before Breakfast") empfohlen. Und ich versuche den Rat seitdem umzusetzen. Es geht dabei nicht darum, sich zum Workaholic zu pushen. Nein, im Leben geht es um ein Gleichgewicht zwischen Aktivität und Ruhe, Wach und Schlaf, Realität und Verträumtheit. Man fängt nicht mit irgendeiner Arbeit in den friedlichen Morgenstunden an. Es geht um den "grossen Plan", um Meditation, um eine Kalibrierung auf seine ganz persönliche Vision, um Präzision und die konkreten nächstliegenden Schritte, aber auch um Dankbarkeit für Vergangenes und Präsentes, Vorfreude auf Bevorstehendes und Mut. Ganz am Anfang geht es vor allem um psychosomatische Gesundheit und zentriertes In-Sich-Ruhen.


Ich wache also auf und starte mit einer anregenden Tanzmusik, z. B. aufheiternder Bollywood-Musik, singe mit und schwinge meine Hüften dazu. Mit einem Tee oder einem Kaffee und etwas Appetitlichem bringe ich meine Verdauung in Schwung und geniesse vielleicht noch eine warme Dusche.

Jetzt bin ich voll aufgewacht und bereit, meinen interessanten, abwechslungsreichen Arbeitstag zu starten. Im Zug zur Arbeit oder zum nächsten Interview (meine Spezialität!) lese ich über das internationale Tagesgeschehen, aber nicht von den seichten Gratis-Junk-Zeitungen, sondern von den kultiviert-informierten Hintergrundjournalisten und Bloggern. Es herrscht im Moment ein hart umkämpfter "Informationskrieg" in der internationalen und nationalen Medienlandschaft und ich weiss, dass ich als kritisch-denkender, akademischer, multi-kultureller Investigativ-Journalist eine grosse Verantwortung übernehme, um meine Leserschaft weiterzubilden und aufzuklären, damit sie im demokratischen Entscheidungsprozess weitsichtig handeln können. Ungerechtigkeiten und Unwahrheiten müssen früh erkannt werden. Keine Tabus gehören in eine moderne aufgeklärte Gesellschaft, wo die Redefreiheit zu den wichtigsten Stützpfeilern gehört. Der Journalist verkörpert sozusagen die Redefreiheit und muss dazu noch alles wie ein Wissenschaftler beweisen oder transparent halten (z. B. die Quellen offenlegen). Es gibt die Ausnahme der immer wichtiger werdenden Whistleblower, die möglichst lange beschützt werden müssen.

Beim Journalisten-Hollywoodfilm "Spotlight", der 2015 mit dem Oscar für den besten Film ausgezeichnet wurde, geht es gerade um diese Thematik der Zivilcourage bei institutionellem Machtmissbrauch. Jahrzehnte lang wurden die pädophilen Übergriffe von katholischen Priestern totgeschwiegen. Als letzte Hoffnung bleibt den Opfern oft nur noch eine vollständige Offenlegung über die Massenmedien, um eine moralische Genugtuung zu erlangen und den Teufelskreis von Machtmissbrauch zu brechen. Mutige, nonkonformistische, unbestechliche Journalisten wie Bob Woodward/Daniel Ellsberg/Julian Assange/Glenn Greenwald, die gegen jede Art von Korruption kämpfen, bleiben für mich absolutesVorbild. Sie übernehmen die Pflicht, die mundtot gemachten Opfer eines korrupten Systems wiederzubeleben.


Da mein Vater Amerikaner, meine Mutter aber Schweizerin ist, und ich mich seit meiner Geburt mit Japan und Japanologie beschäftige, sehe ich gerade aus der sicheren fernen Schweizer Warte die momentan sich verschlechternde politische Lage im Ausland. In den USA werden unabhängige, basisdemokratische Aktivsten-Politiker wie Bernie Sanders in den Massenmedien diskriminiert (diskreditiert) und korrupte alteingesessene Politiker wie Hillary Clinton oder skrupellose, aber lustige Politiker wie Donald Trump als Siegerfiguren in Szene gesetzt.



Nach meiner anstrengenden, aber sehr erfüllenden Tätigkeit als Journalist und Blogger, bei der ich mit einem weitsichtigen, vielfältigen und originellen Stil meine Leserschaft immer wieder überraschen und begeistern kann, komme ich am Nachmittag - in meiner heiligen Shiatsu-Praxis - langsam wieder zur Ruhe. Vor meiner Heil-Praxis-Tätigkeit meditiere ich und reflektiere nochmals über mein ganzes Leben, von Mikro- zu Makro-Dingen, von persönlichen Problemen bis zu Umweltproblemen und erwäge verschiedene Lösungsansätze.


Meinen persönlichen Shiatsu-Massagen-Stil habe ich in 2015 in der Shiatsu-Schule "Kô" entwickelt. Ich kombiniere dabei meine Shiatsu-Drucktechniken mit Zen-Meditation und schamanistischer Trance-Heilung. Dieser zweite Teil meiner Tätigkeit erfüllt mich wieder mit Herz- und Körperenergie und gleicht meine Kopfarbeit am Vormittag aus. Diese wichtige Work-Like-Balance wird bis an mein Lebensende wichtig bleiben.




 

Es gibt aber noch einen dritten wichtigen emotionalen Teil von Arbeit: die Familienarbeit, die einem manchmal auch vor einer Zerreissprobe stellt. Da meine Frau und mein bald vierjähriger Sohn aus Japan kommen und bis April 2016 meistens in Japan gelebt haben, musste ich ihnen bei der Eingewöhnung ins Schweizer Leben kräftig mithelfen. Wichtig bei diesem Prozess ist es Ruhe zu bewahren und geduldig zu sein. Jeder findet einen anderen Zugang ins neue Leben. Für einige gelingt der Spracherwerb leichter, für meine Familie aus Japan, die nicht nur eine andere Schrift pflegt, sondern sich auch eine konträre Denkweise angeeignet hat, geht es vielleicht etwas langsamer. 

Doch wichtig ist, bei allem positiv und vorwärtsgerichtet zu bleiben und an sich zu glauben. 




 

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